Redebeitrag „Wir zahlen nicht für ihre Krise“

Egal, ob im Supermarkt, in den Nachrichten oder beim Job oder Amt: Die negativen Auswirkungen dieses Systems werden immer sichtbarer. Preise für Lebensmittel, Gas und Benzin steigen und während die Konzerne Rekordgewinne einfahren, werden die angeblichen unternehmerischen Risiken direkt als Gasumlage auf uns abgewälzt.

Wir alle haben diese Erzählung schon zur Genüge hört: Erst wurde uns erzählt, dass die Chef:innen mehr verdienen, weil sie härter und mehr arbeiten. Wenn mensch dann allerdings herausfindet, dass Jeff Bezos in 10 Sekunden mehr bekommt als eine bei Amazon angestellten Person im Jahr, ist klar, dass er nicht wirklich so hart arbeiten kann. Dieser Unterschied lässt sich nicht rechtfertigen!

Sobald diese Lüge enttarnt wird, wird uns gleich das nächste Märchen vorgesetzt: Die Unternehmer:innen tragen ja das finanzielle Risiko und sollten deshalb mehr entlohnt werden. Aber die Realität zeigt, dass ein großes Unternehmen nach dem anderen mit Steuerzahlungen gerettet wird und wir am Ende alle die Risiken tragen.

Und das Bundeswirtschaftsministerium gibt sogar zu, dass die Gasumlage nicht einmal dazu da ist, um Unternehmen vor der Insolvenz zu retten! Stattdessen erklärt Sprecherin Susanne Ungrad mit der Aussage „Wir stehen auf dem Standpunkt, dass ein Unternehmen auch Gewinne machen muss“ klipp und klar, dass es darum geht, deren Gewinne in trockene Tücher zu bringen.

Dabei ist die Gasumlage nicht einmal das größte Problem in dem Bereich: Die Gaspreise sind seit August 2021 um 184% gestiegen!

Auf dem Papier steigen zwar auch die Löhne, im Endeffekt können wir uns aber weniger davon leisten, weil die Inflationsrate und damit die Steigerung der Lebenserhaltungskosten über dem Lohnanstieg liegen. Und trotzdem kämpfen sozialpartnerschaftliche Gewerkschaften wie vom DGB meist weiter für mickrige Lohnerhöhungen, die am Ende immer noch einen Verlust bedeuten. Einen Verlust von 4,4% im zweiten Quartal dieses Jahres!

Wir sollen den Gürtel enger schnallen und in den Chefetagen knallen die Korken. Und trotzdem wollen Politiker:innen und Wirtschaftsmagnate uns weismachen, dass die Trennung nicht zwischen unten und oben, sondern zwischen Arbeiter:innen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts oder Glaubens besteht!

Arbeiter:innen, das umfasst Geflüchtete, Handwerker:innen, Erwerbslose, Wohnungslose, Büroangestellte, Pflegekräfte – also alle, die weder andere Menschen noch ihr Geld für sich arbeiten lassen können.

Bei dieser künstlichen Spaltung ist natürlich kalkuliert, dass wir vereinzelt und verzweifelt nicht gegen die geballte Macht von Politik und Wirtschaft bestehen können. Lassen wir uns also nicht isolieren und gegeneinander aufhetzen, sondern stehen wir zusammen für Veränderungen ein!

Das kann schon im Kleinen anfangen, indem wir das Schweigen überwinden und mit unseren Kolleg:innen und Nachbar:innen offen über unsere Probleme wie unbezahlte Überstunden oder die momentanen Gaspreise reden. Auch wenn uns eingetrichtert wird, dass es unser individuelles Versagen ist, wenn wir damit zu kämpfen haben, den Alltag zu bewältigen, sind wir alle auf irgendeine Weise betroffen.

Wichtig ist zum Beispiel, mit Kolleg:innen und Bekannten über unser Gehalt und unsere Arbeitsbedingungen zu reden, denn nur so können wir den Grundstein dafür legen, uns gemeinsam zur Wehr zu setzen. Übrigens sind Klauseln in Arbeitsverträgen, die scheinbar zum Schweigen über das Gehalt verpflichten, niemals gültig und nur eine Einschüchterungstaktik.

Sowieso ist es Zeit, sich von dieser Leistungsmentalität abzuwenden. Die ersten Folgen des Klimawandels haben sogar das in diesem Bereich priviligierte Deutschland erreicht, und langsam kann keine Person mehr leugnen, dass unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten eine beschissene Idee ist. Denn der Kapitalismus kann nur funktionieren, wenn immer mehr Profit generiert wird – blöd nur, dass irgendwann alle Märkte ausgereizt sind und Menschen und Umwelt kurz vor dem Kollaps stehen.

Dieser ständige Zwang, alles aus jeder einzelnen Minute holen zu müssen und bis zum Zusammenbruch zu arbeiten, lässt kein gesundes Leben mehr zu. Es ist Zeit, dass wir nicht mehr stolz darauf sind, wie gut wir uns ausbeuten lassen und dass wir uns nicht mehr gegeneinander ausspielen lassen, sondern die Bedürfnisse aller zu akzeptieren und respektieren lernen.

Dazu gehört, dass wir aufhören, auf Leute, die vermeintlich oder wirklich weniger Profit durch ihre Arbeit generieren, herabzublicken und uns auch selbst eingestehen, dass wir nur Menschen sind, die alle unterschiedliche Grenzen haben.

Genauso wichtig wie der Bewusstseinswechsel ist es, für konkrete Veränderungen einzustehen und zum Beispiel nicht immer direkt zu springen, wenn der Boss etwas verlangt.

Wir können diese Krise nur zusammen überstehen, indem wir uns mit Geld oder Hilfestellungen wie Reparaturen oder Babysitten unter die Arme greifen. Aber wenn wir uns nur verteidigen, um uns gerade so über Wasser zu halten, wird sich nie etwas ändern – Wir müssen auch zum Angriff übergehen.

Ob mit Streik, Sabotage oder ob wir einfach mal einen Gang runterschalten bei der Arbeit, es gibt trotz allem verschiedene Möglichkeiten, Gegenmacht aufzubauen.

Unterstützen wir uns gegenseitig bei Stress mit Bossen, Vermieter:innen und Sachbearbeiter:innen. Setzen wir dem ständigen Druck von oben etwas entgegen und nehmen wir uns endlich, was uns zusteht!

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